Disrupt.Food.System – Disrupt Tierindustrie – Aktionstage in Bremen und Umgebung im Oktober 2025

Vom 08.-12.Oktober 2025 fanden in Bremen und Umgebung die Disrupt.Food.System-Aktionstage statt. Wir von Gemeinsam gegen die Tierindustrie haben uns intensiv sowohl in die Vorbereitung als auch in die Umsetzung eingebracht. Mit einem Camp, ungehorsamen Aktionen gegen die Fleisch- und Futtermittelindustrie, einer Großdemo und einem vielfältigen Programm haben wir unsere Forderungen nach einer Agrarwende deutlich gemacht.

Die vom Disrupt-Bündnis organisierten Aktionstage im Oktober fanden aus guten Gründen vor allem in Bremen und im Nahe gelegenen Brake statt: In Brake befindet sich der größten Futtermittelhafen Deutschlands. Im Bremer Hafen sitzt mit J.Müller eine für viele zwar unbekannte, aber für die Futtermittelindustrie sehr wichtige Importfirma. Und die Weser in Brake soll für die riesigen Sojafrachter noch weiter vertieft werden. Zudem ist das Dreieck zwischen Bremen, Oldenburg und Osnabrück so stark wie kaum eine anderen Region in Deutschland von der Tierindustrie geprägt.

Camp und Programm

Bereits am Donnerstag startete in der Nähe der Bremer Uni ein Camp mit vielfältigem Programm: Auch wir beteiligten uns mit zwei Workshops zu den Themen Futtermittelimporte und ihre Geschichte sowie Wasserverbrauch der Tierindustrie. Außerdem waren wir am Samstag beim Markt der Möglichkeiten mit einem Infostand vertreten. Bei der anschließenden Podiumsdiskussion zum Thema Futtermittelimporte waren wir neben Vertreter*innen anderer NGOs, die im Bereich Landwirtschaft aktiv sind, ebenfalls auf dem Podium präsent. Wir thematisierten den Zusammenhang zwischen Tierindustrie und neokolonialer Ausbeutung und stellten unsere Utopie zur Diskussion.

Ungehorsame Aktionen gegen die Fleisch- und Futtermittel-Industrie am Freitag

Der Freitag war geprägt von vielfältigen Aktionen: Über acht Stunden haben etwa 70 Aktivist*innen die zu Tönnies gehörende Fleischwarenfabrik Könecke in Delmenhorst blockiert und das zerstörerische System der Tierindustrie unterbrochen. Alle 4 Tore von Könecke waren durchgehend blockiert, es konnten keine LKWs das Gelände befahren oder verlassen und so konnte auch kein Betrieb stattfinden.

Die Blockade erhielt viel Zustimmung sowohl von Passant*innen und Anwohner*innen, von denen sich eine Person dann spontan in die Blockade setze, als auch von Mitarbeiter*innen des Werks, die sogar Geld spendeten.

Nach der relativ friedlichen Räumung des ersten Tores durch die Polizei gab diese dann auf und überließ die restlichen angeketteten Aktivist*innen ihrem Schicksal, da der Betreib dann wieder möglich war. Die Blockierenden entschieden selbständig die Blockade nach einem erfolgreichen Tag zu beenden.

Parallel dazu haben weitere 100 Aktivist*innen in Bremen die Reederei J. Müller blockiert. J. Müller importiert jährlich Millionen Tonnen von Futtermitteln aus Mittel- und Südamerika und macht damit riesige Profite. Die Futtermittelimporte sind verantwortlich für Landraub und Entrechtung von Indigenen sowie für die Zerstörung von Ökosystemen.

Hier war die Polizei leider weniger vorsichtig. Die riesigen LED-Anzeigen, auf denen „Vermummung verboten“ stand, ließen die Aktivist*innen kalt. Die Räumung verlief dann umso gewalttätiger, die Polizist*innen wandten Schmerzgriffe an und nahm alle Blockierenden mit auf die Wache zur erkennungsdienstlichen Behandlung. Bis zum späten Abend waren aber alle Personen wieder aus dem Gewahrsam frei.

Außerdem gab es am Freitag noch eine Aktions-Radtour von Bremen nach Brake mit anschließender Hafenrundfahrt durch die gigantischen Futtermittelterminals, um auf die zerstörerischen Konsequenzen der Futtermittelindustrie aufmerksam zu machen. Diese zeigen sich nämlich nicht nur im globalen Süden, sondern auch ganz konkret in Brake an der Weser: die Flussvertiefungen haben immense Auswirkungen auf die Ökosysteme vor Ort und auch auf die davon abhängige Landwirtschaft.

Großdemo gegen des EU-Mercosur-Abkommen am Samstag

Am Samstag, den 11.10. fand eine große Bündnisdemo unter dem Motto „Gemeinsam ackern! EU-Mercosur stoppen! Für eine solidarische Ernährungswende jetzt!“ in Bremen statt. Dort haben wir unsere Forderungen nach einem gerechten Ernährungssystem gemeinsam mit mehr als 400 Menschen auf die Straße gebracht. Die Demo wurde von einem Bündnis aus zahlreichen NGOs organisiert und im Aufruf wurde insbesondere das EU-Mercosur-Abkommen kritisiert.

Dieses Abkommen soll Handelsströme ausweiten – doch bereits jetzt sind die Folgen dieser Handelsbeziehungen massiv:  Abholzung, Monokulturen, Massentierhaltung, Menschenrechtsverletzungen. Gewinner der Ausweitung wären internationale Agrarkonzerne – und deutsche Chemieriesen wie Bayer und BASF, die ihre Pestizide und Gentech-Produkte auf Kosten von Menschen und Umwelt in Südamerika absetzen. Verlierer wären weltweit und ebenso hier vor Ort bäuerliche Höfe, Klima, Umwelt, unsere Ernährungssicherheit – letztlich wir alle.

Während in Brasilien die nächsten Weltklimaverhandlungen vorbereitet werden, treibt die EU das EU-Mercosur-Abkommen mit den südamerikanischen Staaten voran. Nicht zufällig fanden die Aktionstage deshalb einen Monat vor der in Brasilien stattfindenden Weltklimakonferenz statt.

Aber wir wissen: Für gutes Essen für alle und mit allen brauchen wir eine andere, eine solidarische und gerechte Landwirtschaft.

Auswertung und Ausblick

Ziel der Aktionstage war es, das Thema Ernährung und Landwirtschaft in den Fokus zurücken. Wir wollten die Orte der Zerstörung sichtbar machen und zumindest für eine kurzen Zeitraum auch die Logistik dahinter unterbrechen. Wir wollten gleichzeitig aufzeigen, welche Veränderungen möglich und notwendig sind – für eine gute, nachhaltige, ökologische und solidarische Landwirtschaft. Es ging uns aber auch darum, bestehende Bündnisse zu vertiefen und neue Bündnisse zu schmieden. Denn nur so können wir dem zerstörerischen Agrarsystem wirklich etwas entgegen setzen. Auch wenn uns klar war und weiterhin klar ist, dass wir nicht mit allen beteiligten Organisationen und Initiativen in allen Punkten übereinstimmen, insbesondere was den Stellenwert von Tierhaltung in unserer Utopie von Landwirtschaft angeht. Dennoch sehen wir es als wichtig und notwendig an, mit diesen ins Gespräch zu kommen, ohne von unseren Forderungen und Positionen abzurücken. Denn unsere Landwirtschaft wird von wenigen großen Agrarkonzernen dominiert und basiert auf einem System von Ausbeutung, Wachstum und Konkurrenz. Auch wenn diese Probleme von vielen gesehen und kritisiert werden, sind die Strukturen festgefahren. Es wird große Anstrengung und vielfältige Ansätze brauchen, um etwas zu verändern. Dafür brauchen wir breite Bündnisse. Wir wollen und müssen in unseren Kämpfen auch mal Widersprüche aushalten, ohne sie unter den Teppich zu kehren. Wir glauben, dass wir dies an den Aktionstagen gut geschafft haben. Unsere Kritik an der Tierindustrie war deutlich sichtbar und wir konnten den entstehenden medialen Diskurs wesentlich mitbestimmen. Wir haben unsere Perspektiven gezeigt und diese mit anderen diskutiert, dabei auf Gemeinsamkeiten geschaut, ohne die Unterschiede wegzuwischen. Wir denken es lohnt sich diesen Weg weiter zu gehen und werden deshalb weiter an Bündnissen im progressiven Landwirtschaftsspektrum arbeiten und freuen uns auf weitere erfolgreiche Aktionen!

Wir fordern: Eine solidarische Ernährungswende und die Abschaffung der Tierindustrie!

Wir sagen: Schluss mit Agrarindustrie & neokolonialer Ausbeutung. Für ein solidarisches & ökologisches Ernährungssystem.