Entnommen von Tierfabriken Widerstand.
Rinder werden zur Milch- und Fleischproduktion eingesetzt.
„Milchkühe“ verbringen in den verbreitetsten Haltungssystemen ihr Leben in engen Ställen, teilweise in kontinuierlicher Anbindehaltung.[i] Auch hier sind arttypische Verhaltensweisen so gut wie unmöglich.[ii] Durch die Zucht auf möglichst hohe Milchleistung – die heute durchschnittlich doppelt so hoch ist wie noch vor 50 Jahren – und aufgrund der Haltung sind die Kühe für zahlreiche Krankheiten anfällig. Viele leiden unter Euterentzündungen; Gelenk- und Klauenschäden sind ebenfalls weit verbreitet.[iii]
Damit eine Kuh Milch gibt, muss sie erst ein Kalb gebären. Die Milchmenge ist in den ersten Wochen nach der Geburt am höchsten und nimmt danach kontinuierlich ab. Um den höchsten Ertrag zu bekommen, werden Kühe in Milchbetrieben etwa jährlich geschwängert.
Das Kalb
wird den Kühen kurz nach der Geburt weggenommen und separat, zum Beispiel in
einem so genannten Kälberiglu, untergebracht, wo es mit einer
Milchersatznahrung ernährt wird, während die Milch der Kuh für den menschlichen
Gebrauch gemolken wird. Die Trennung von Kalb und Kuh ist für beide sehr
belastend. Oft ruft die Kuh tagelang nach ihrem Kind, die Kälber entwickeln
Verhaltensstörungen.[iv]
In den ersten Lebenswochen werden den Kälbern häufig die Hornansätze auf dem
Kopf mittels eines Brennstabs ausgebrannt, um zu verhindern, dass die Rinder
sich später gegenseitig oder den Landwirt mit den Hörnern verletzen. Der
Eingriff darf ohne Betäubung geschehen und ist mit erheblichen Schmerzen
verbunden.[v] Die männlichen Kälber
werden dann zwecks Fleischproduktion gemästet, während die weiblichen teils
gemästet und teils wiederum zu „Milchkühen“ werden.[vi]
Quellen:
[i] Die Haltung in Laufställen ohne Weidezugang wird vom Lobbyverein „Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft“ als artgerecht bezeichnet. (Vgl. die Broschüre „Verantwortungsbewusste Rinderhaltung“, zu beziehen www.fnl.de. Gesetzlich vorgeschrieben sind bei der Haltung in Ställen mind. drei Quadratmeter Platz pro 650-Kilo-Tier. Die Anbindehaltung soll auslaufen, wird aber voraussichtlich im Rahmen von Ausnahmeregelungen noch einige Jahre lang erlaubt bleiben.
[ii] Wenn Rinder die Gelegenheit dazu haben, legen sie viele Kilometer am Tag zurück, bilden stabile soziale Gruppen und pflegen individuelle Bindungen. (Vgl. Hoy, Nutztierethologie, S. 97 und 83-89).
[iii] Siehe z. B. das „Wissenschaftliche Gutachten über die allgemeinen Auswirkungen landwirtschaftlicher Betriebssysteme auf Wohlbefinden und Krankheiten von Milchkühen“ von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (efsa), Gremium für Tiergesundheit und Tierschutz, Frage-Nr. Q-2006-113, veröffentlicht im Juni 2009 (in Zusammenfassung zu finden hier).
[iv] Vgl. Hoy, Nutztierethologie, S. 101.
[v] Vgl. Tierschutzgesetz § 5, Abs. 3; A.-V. Mang u.a., „Schmerzmanagement bei der Enthornung von Kälbern“, in: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft e. V., Tagung der DVG-Fachgruppe „Tierschutz“, S. 183-195, hier S. 184
[vi] Der Text auf dieser Seite ist angelehnt an und teilweise identisch mit dem zuvor veröffentlichten Text von Friederike Schmitz: „Tierethik – Eine Einführung“, in dies. (Hg.): Tierethik, Berlin 2014.