EU diskutiert über weitere Millionen für die Tierindustrie

Nachdem die EU bereits im April ein Corona-Förderpaket für die Tierindustrie auf den Weg gebracht hatte, fordern nun einige Mitgliedsstaaten weitere Gelder. War das erste Förderpaket noch auf Milch- und bestimmte Fleischprodukte (Rind-, Lamm und Ziegenfleisch) beschränkt, soll nun auch der Markt für Schweine-, Kalb- und Geflügelfleisch durch Zuschüsse für die private Lagerhaltung unterstützt werden.

Im Hintergrund wird also bereits über weitere Millionen für die Konzerne gefeilscht, während sich gerade eine breite gesellschaftliche Debatte über die miserablen Bedingungen der Arbeiter*innen in der Tierindustrie entzündet. Was jetzt anstelle von Marktstützungen erforderlich wäre, sind Sofortmaßnahmen zum Schutz der Arbeiter*innen und Gelder für einen Strukturwandel weg von der Tierindustrie.

Quelle und weitere Infos:

14.05.2020, agrarheute.com: Wojciechowski will Krisenreserve von Direktzahlungen entkoppeln

Milchbauern und -bäuerinnen protestieren gegen EU-Milchmarktpolitik

Anhänger des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) haben heute im Berliner Regierungsviertel gegen das Corona-Krisenmanagement für den EU-Milchmarkt demonstriert. Anstelle der beschlossenen Bezuschussung der privaten Lagerhaltung in Höhe von rund 80 Millionen Euro fordern sie eine EU-weite Reduzierung der Milchüberschüsse.

An diesem Konflikt zeigt sich die Uneinigkeit innerhalb der Milchindustrie: Während Molkereien die private Lagerhaltung befürworten, um mit staatlichen Finanzzuschüssen Milch einzulagern, fürchten die im BDM organisierten Milchviehhalter einen weiteren Preisrückgang.

Klar ist: Eine Reduzierung der Milchproduktion ist der staatlichen Bezuschussung der Einlagerung definitiv vorzuziehen. Doch dürfte es dann nicht, wie vom BDM gefordert, bei zeitlich befristeten Maßnahmen bleiben – vielmehr müsste das den Einstieg in den Ausstieg aus der Tierindustrie markieren.

07.05.2020, agrarheute.com:

BDM-Milchbauern errichten Milchpulver-Pyramide vor dem Kanzleramt

07.05.2020, BDM Pressemitteilung:

Milchpyramide aus über 300 Säcken Milchpulver: Gegen die Einlagerung & FÜR die EU-weite Reduzierung von Milchüberschüssen

Politik und Agrarlobby – Erkenntnisse aus der EU-Düngeverordnung

Neue Recherchen von abgeordnetenwatch.de offenbaren das enorme Ausmaß der Interessensverbindungen zwischen der Bundesregierung und dem Deutschen Bauernverband, der größten Agrarvertretung Deutschlands.

Ausgangspunkt der Recherchen waren die seit vielen Jahren von Deutschland unzureichend umgesetzten EU-Maßnahmen zum Gewässerschutz. Der Bundesregierung wurde letztlich ein Ultimatum gesetzt: Bis Frühjahr 2020 sollten entsprechende Maßnahmen vorgelegt werden. Erst kurz vor Ablauf der Frist lenkte der Bundesrat ein und ermöglichte Reformen im deutschen Düngerecht, welches die EU-Nitratrichtlinie zum Schutz des Grund- und Oberflächenwassers vollständig umsetzen muss, um hohe Strafzahlungen zu vermeiden.

Positionen von Umweltverbänden wurden dabei von der Bundesregierung weitgehend ignoriert. Stattdessen fällt der jahrelange Kurs der Bundesregierung mit den Positionen des Deutschen Bauernverbandes zusammen. Die Interessensdeckung überrascht nicht, schließlich sind 85 Prozent der CDU/CSU-Abgeordneten direkt mit der Land- und Agrarwirtschaft in Verbindung zu bringen, wie eine vom NABU in Auftrag gegebene Studie zeigt. So sei im Allgemeinen der jahrzehntelange Widerstand gegen Agrarreformen zu erklären, so der Leiter der Studie Dr. Guido Nischwitz.

In Deutschland wird die Hälfte der Fläche landwirtschaftlich genutzt. Auf einem Großteil dieser Fläche wiederum wachsen nicht etwa Nahrungsmittel für Menschen, sondern Tierfutter, und das unter intensiver Düngung. Die Abschaffung der Tierindustrie als Baustein einer ökologischen Agrarwende würden Flächen für umweltschonendere Nahrungsmittel frei machen.

30.04.2020, abgeordnetenwatch.de:

Düngeverordnung: Wie sich die Bundesregierung für die Interessen der Agrarlobby stark machte

09.10.2019, SWR:

Gekaufte Agrarpolitik. Wie Industrie und Agrarlobby durchregieren

April 2019, NABU:

Verflechtungen und Interessen des Deutschen Bauernverbandes (DBV)

EU-Subventionen: Reformen verzögern sich um ein bis zwei Jahre

Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU, kurz GAP, regelt die milliardenschweren EU-Subventionen für die Landwirtschaft. Seit Jahren tragen die von der EU festgelegten Regeln zur Verteilung der Gelder dazu bei, dass die Konzerne stetig wachsen und die Intensivierung der Landwirtschaft vorantreiben, während Kleinbäuer*innen mit Höfesterben zu kämpfen haben. Die Tierindustrie profitiert enorm von der GAP und nutzt die Subventionen unter anderem dazu, neue Export-Märkte zu erschließen.

Für den Zeitraum 2021 bis 2027 stehen eigentlich neue Verteilungsregeln aus. Auf EU-Ebene finden daher schon länger Diskussionen über Reformen statt. Angesichts der drigend erforderlichen grundlegenden Agrarwende bedeuten diese Reformen allerdings nur kosmetische Änderungen und eine Fortschreibung einer kapitalistischen und auf Marktkonzentrierung sowie Export ausgerichteten Landwirtschaft.

Doch selbst diese unzureichenden Reformen der GAP werden erstmal verschoben: Die aktuell geltenden Regeln werden voraussichtlich für die nächsten zwei Jahre beibehalten. Damit hat sich das konservative Lager durchgesetzt. Argumentiert haben sie mit erforderlicher Planbarkeit und Rechtssicherheit – und nutzen dabei die Corona-Krise für ihre Zwecke: „[G]erade in Zeiten von Corona sollten [die Landwirte] sich auf ihre wesentliche Arbeit konzentrieren können.“

29.04.2020, Agrarheute.com:

EU-Agrarpolitik: Kommt die neue GAP erst 2023?

28.04.2020, top agrar-Online:

GAP-Reform: Abstimmungen zur GAP-Übergangsverordnung findet Zustimmung

Corona: Staatliche Hilfen für die Tierindustrie

Die Tierindustrie mit ihrer enormen wirtschaftlichen und politischen Macht kann sich staatlicher Unterstützung in Zeiten von Corona sicher sein.

So hat die EU-Kommission angekündigt, die Private Lagerhaltung (PHL) für Milch- (Magermilchpulver, Butter, Käse) und Fleischprodukte (Rind-, Lamm und Ziegenfleisch) zu ermöglichen. Aufgrund des Corona-bedingten Einbruchs der Nachfrage insbesondere durch Restaurants soll damit das verfügbare Angebot verringert und dadurch die Preise stabilisiert werden. Die Betriebe erhalten für die Einlagerung finanzielle Zahlungen. Außerdem sollen bereits bestehende Förderprogramme „flexibler“ gehandhabt werden, sprich auch hier sollen die Konzerne leichter an Gelder kommen.

23.04.2020, fleischwirtschaft.de:

Corona-Krise: Stützung für den Fleischmarkt

22.04.2020, top agrar-Online:

Die EU-Kommission lenkt bei Marktstützungsmaßnahmen jetzt doch ein

Europäische Kommission veröffentlicht Marktausblick in Zeiten von Corona: Schweinefleischproduktion wächst weiter!

Europäische Kommission

Corona bedeutet auch für die Tierindustrie unsichere Zeiten, insbesondere was die komplexen Lieferketten und das sogenannte Außer-Haus-Geschäft (Gaststätten, Catering, Hotels, …) anbelangt.

Die Kommission geht davon aus, dass die Rindfleischproduktion 2020 sehr stark von Corona beeinträchtigt wird, vor allem aufgrund der verringerten Nachfrage von Restaurants. Bezüglich der Schweinefleischproduktion geht die Kommission dagegen von geringen Corona-bedingten Beeinträchtigungen aus. Vielmehr prognostiziert sie für 2020 ein weiteres Wachstum, vor allem aufgrund des anhaltenden Wachstums der Nachfrage aus Asien um 12 Prozent.

24.04.2020, agrarheute.com:

Europa: Bauern und Agrarwirtschaft widerstehen der Corona-Krise