Im November 2020 benannte eine von sexualisierter Gewalt betroffene Person einen im Bündnis aktiven Menschen als gewaltausübende Person. Dies nahmen wir zum Anlass, uns mit sexualisierter Gewalt auseinanderzusetzen. Mittlerweile wissen wir von mehreren Betroffenen, die durch die gleiche Person jeweils in verschiedenen Kontexten außerhalb des Bündnisses Gewalt erfahren haben.
Wir sind derzeit mit einer Unterstützungsgruppe um zwei betroffene Personen in Kontakt. Die gewaltausübende Person hat ihre Aufgaben im Bündnis niedergelegt und setzt sich innerhalb einer Reflexionsgruppe mit weiteren im Bündnis aktiven Menschen mit den Übergriffen auseinander.
Für uns war schnell klar, dass wir eine gemeinschaftliche Verantwortungsübernahme im Umgang mit sexualisierter Gewalt anstreben wollen. Dabei standen wir vor der Herausforderung, unsere bis dahin formulierten Grundlagen der Awarenessarbeit in die Praxis umzusetzen und weitere erforderliche Strukturen aufzubauen. Wir haben daher mehrere externe Referent*innen zu inhaltlichen Vorträgen, wie beispielsweise Transformative Gerechtigkeit und Konsens, eingeladen und konnten auf wertvolle Begleitung erfahrenerer Gruppen, darunter KollUm (Kollektive Umgänge mit sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch), queer_topia* und das ignite! Kollektiv, in Form von Workshops, Beratung und Moderation zählen.
Zentrale Säule für unsere Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt bildet die Betroffenenzentrierung und solidarische Parteilichkeit mit betroffenen Personen. Damit wollen wir eine Alternative zu Polizei und Justiz finden, die gewaltvolle Strukturen reproduzieren anstatt den Bedürfnissen betroffener Personen gerecht zu werden. Wir streben dagegen eine gemeinschaftliche Verantwortungsübernahme an: Mit gewaltausübenden Personen wollen wir transformativ arbeiten, mit dem Ziel der persönlichen Verantwortungsübernahme und Verhaltensänderung. Als Gemeinschaft wollen wir aber auch patriarchale Strukturen in unserem Bündnis reflektieren und verändern.
Als Zwischenstand unserer kollektiven Auseinandersetzung haben wir nun unser öffentliches Selbstverständnis aktualisiert und einen internen Leitfaden beschlossen. Zusätzlich zu unserer bereits bestehenden Awareness-AG, die bei Treffen oder Aktionen direkt ansprechbar ist, haben wir eine AG Transformativer Bündnisprozess ins Leben gerufen, um die Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt zu organisieren. In einer FLINTA*-Gruppe haben Frauen, Lesben, Inter, Nicht-binäre, Trans und Agender Personen regelmäßig einen Raum für Austausch. Im Rahmen einer Antipatriarchalen Gruppe findet vor allem eine kritische Auseinandersetzung mit Männlichkeiten statt. Wie im aktuellen Prozess sind für die Auseinandersetzungen mit zukünftigen konkreten Vorfällen weiterhin eine Unterstützungsgruppe für die betroffene(n) Person(en) sowie eine Reflexionsgruppe mit der gewaltausübenden Person vorgesehen.
Dieses Statement ist ein Zwischenstand und dient der Transparenz sowie der Sichtbarmachung interner Prozesse im Bündnis, die für uns wichtiger Teil der politischen Arbeit sind. Anlassbezogen arbeiten wir mit den Konzepten gemeinschaftliche Verantwortungsübernahme und transformativen Gerechtigkeit hinsichtlich sexualisierter Gewalt. Zukünftig wollen wir uns außerdem mit der Anwendung der Konzepte bei anderen Formen von Gewalt (z.B. rassistischer) beschäftigen.
Mailadresse für Anmerkungen/Rückfragen: buendnisprozess@gemeinsam-gegen-die-tierindustrie.org