"Konzermacht brechen!" fordern wir bei unseren aktuellen Protesten gegen den Milliardenkonzern Tönnies. Aber was bedeutet für uns eigentlich Konzernmacht? Wo und wie wirkt sie, wo kommt sie her und was hat das alles mit dem Kapitalismus zu tun? Das haben wir uns in dieser Folge für euch genauer angeschaut: historisch, politisch, ökonomisch und kulturell. Hört rein und erfahrt, warum wir denken, dass ein "weniger" an Konzernmacht nicht ausreicht, sondern wir einen radikalen Wandel brauchen!
Der wirtschaftliche „Erfolg“ des Tönnies-Konzerns gründet auf der Überausbeutung prekärer Beschäftigter, gnadenlosen Tierausbeutung und der Zerstörung von Umwelt und Klima. Die Gewinne kommen nahezu allein dem Familienclan zu Gute. Knapp 4 Milliarden Euro (!) Vermögen weisen Clemens und Robert Tönnies auf.
Wir haben etwas recherchiert, was mit diesem Geld passiert und sind auf Luxusvillen, Hotels, Jagdreviere, Cum-Ex-Geschäfte, Corona-Hilfsgelder und einiges Mehr gestoßen. Dabei lässt sich einiges zum Thema Investment und Vermögensvergrößerung lernen.
Wir sagen dazu natürlich: Konzernmacht angreifen – Entschädigung statt Profite!
Nach wie vor werden Unmengen an Soja aus Südamerika für die Futtermittelproduktion der deutschen Tierindustrie importiert. Eine Studie der Deutschen Umwelthilfe und der Umweltschutzorganisationen Mighty Earth und Client Earth zeigt abermals wie der Sojaanbau in Brasilien mit Naturzerstörungen, Menschenrechtsverstößen und großflächigen Entwaldungen im Zusammenhang steht. Profiteure seien u.a. Tönnies, Westfleisch und Geflügelfleischkonzern Rothkötter.
Die Konzerne würden trotz aller Selbstverpflichtungen weiterhin vom Sojaanbau auf zerstörten Flächen der brasilianischen Feuchtsavannen (Cerrado) profitieren. Der Import verläuft allerdings entlang undurchsichtiger Handelsketten. Die Studie wirft dem Agrarhandelskonzern Bunge vor, Naturzerstörungen sowie Menschenrechtsverstöße wie Vertreibungen der lokalen Landbevölkerung zu ignorieren, um das Soja an die Futtermittelwerke der deutschen Tierindustrie zu verkaufen.
Tönnies & Co. seien damit mitverantwortlich für die neokoloniale Ausbeutung und stünden auch ganz konkret im Verdacht das deutsche Lieferkettengesetz zu unterlaufen. Seit Anfang 2024 sind Konzerne verpflichtet, sicherzustellen, dass in Lieferketten (also auch bei Zulieferern) Menschen- und Kinderrechte sowie Umweltschutzvorgaben eingehalten werden.
Diese wiederum weisen die Vorwürfe von sich. Tönnies wirft der Deutschen Umwelthilfe in einem Tagesspiegel-Artikel gar Verleumdung vor. Bunge und andere Großhändler seien lediglich „Vor-Vor-Vorlieferanten für an Tönnies gelieferte Tiere“, entsprechend bestehe auch kein Handlungsbedarf.
Wer hat was gegen Tönnies? Viele! Als Bündnis Gemeinam gegen die Tierindustrie setzen wir seit Anfang des Jahres den Fokus unseres Protests auf Deutschlands größten Fleischkonzern Tönnies. Die einzigen, die Tönnies kritisieren, sind wir allerdings bei Weitem nicht. In dieser Sonderfolge lassen wir deshalb andere zu Wort kommen: Menschen, die sich gegen den lokalen Tönnies-Schlachthof engagieren, Organisationen, die Recherchen aus den Tönnies-Zulieferern und Schlachthöfen veröffenlichen, NGOs, die eine andere Nahrungsmittelproduktion zum Ziel haben, Aktivist*innen, die sich Repressionen ausgesetzt sehen. Hört selbst, wie bunt und vielfältig die Kritik und die Proteste gegen Tönnies sind. Gemeinsam sind wir stark!
Am Tönnies-Schlachthof Kellinghusen setzen wir ein Zeichen gegen Deutschlands größten Schlachtkonzern und führenden Fleischverarbeiter: Unter dem Motto „Gemeinsam gegen Tönnies“ zeigen wir, dass Schluss sein muss mit dem grenzenlosen Tierleid, der Ausbeutung der Arbeiter*innen in den Schlachtfabriken, mit der Zerstörung der Umwelt, mit neokolonialen Strukturen und mit dem riesigen Profit, den Tönnies mit all dieser Zerstörung macht.
In Kellinghusen (bei Hamburg) schlachtet Tönnies im Schlachthof Thomsen über 5.000 Schweine am Tag – laut eigenen Angaben hat der Schlachthof eine Schlacht-Kapazität von jährlich bis zu 1,7 Millionen Tieren. Im Akkord werden hier Tiere getötet, die in den Mastanlagen der industriellen Tierhaltung in kürzester Zeit auf ein maximales Schlachtgewicht gemästet werden. Genau hier wollen wir laut sein!
Auf der Unterseite zur Demo findest du alle wichtigen Infos zu Anreise und Ablauf. Sei dabei!
Das Unternehmen Tönnies steht wie kein zweites exemplarisch für das zerstörerische und ausbeuterische System der Tierindustrie. In dieser Folge schauen wir uns die Tönnies Holding einmal genauer an: Wie konnte das Unternehmen so groß werden? In welche Skandale war und ist es verwickelt? Wir reden über miese Arbeitsbedingungen und Regenwaldabholzung, Etikettenschwindel und Tierschutzverstöße und über den repressiven Umgang mit Kritiker*innen. Erfahrt mehr darüber, warum wir denken, dass Protest gegen Tönnies nötig und sinnvoll ist.
Auch am kommenden Wochenende sind wieder viele Demonstrationen gegen den zunehmenden Rechtsextremismus, dem Rechtsruck in Politik und Gesellschaft und das Erstarken der AfD geplant. Wir waren bei vielen Demos dabei und rufen dazu auf, weiter für eine solidarische Gesellschaft auf die Straße zu gehen.
Wir wehren uns gegen ein rechte, menschenfeindliche Politik, die weit in die Mitte hineinragt (wie die aktuelle Asylpolitik zeigt). Wir haben als Bündnis auch die Verhältnisse in der Tierindustrie im Blick. Ausgrenzung, Diskriminierung und struktureller Rassismus ist gerade in den größten Konzernen der Industrie allgegenwärtig und trifft vor allem Arbeiter*innen aus Ost- und Südosteuropa.
Clemens Tönnies machte bereits mit zutiefst rassistischen Reden Schlagzeilen und Müllermilch-Milliardär Theo Müller traf sich erst vor wenigen Wochen mit AfD-Chefin Alice Weidel zum Dinner in Cannes um „das Programm der AfD sowie ihrer persönlichen Ansicht zur aktuellen Politik zu diskutieren“.
Für uns ist klar: Der Kampf gegen die Tierindustrie ist antirassistisch und antifaschistisch. Für uns ist aber auch klar wie viel Stärke und Ermutigung darin liegt, gemeinsam auf die Straße zu gehen und unsere Kämpfe zu verbinden. Lasst uns auch die nächsten Demonstrationen dazu nutzen, aufzuzeigen, wie laut wir zusammen sind.
Vion gibt einen Großteil seines Geschäfts in Deutschland auf. Der aktuell drittgrößte Schlachtkonzern schließt bis März den Schlachthof in Emstek (Oldenburger Münsterland). Bis zu 70.000 Schweine werden hier wöchentlich geschlachtet. Die Gewerkschaft NGG kritisiert, dass die 800 meist prekär beschäftigten Arbeiter:innen nun kurzfristig vor die Tür gesetzt werden. Weitere Standorte würden zudem an die Konkurrenz verkauft, Vion wolle sich auf sein niederländisches Geschäft konzentrieren.
Bereits im vorherigen Jahr schloss das deutsch-niederländische Unternehmen überraschend den Schlachthof Bad Bramstedt (Schleswig-Holstein), bei dem es regelmäßig Proteste u.a. von Gemeinsam gegen die Tierindustrie gab.
Grund für den Rückzug ist die aktuelle Überproduktionskrise der Schweine- und Rindfleischindustrie: Der Fleischkonsum in Deutschland nimmt seit Jahren leicht ab. Nach Ausbruch der Schweinepest brach zudem das Exportgeschäft ein. Zudem setzten Vion-Arbeiter:innen erst 2023 durch Streiks einen Tarifvertrag und Lohnsteigerungen für Tausende von Beschäftigten durch.
Von der Entwicklung profitiert derweil der Tönnies-Konzern. Dieser übernimmt den Rinderschlachthof und die Fleischfabrik in Altenburg (Thüringen) sowie das Verarbeitungsunternehmen Ahlener Fleischhandel (NRW) mit jeweils hunderten Beschäftigten. Erst vor wenigen Monaten übernahm die Tönnies die Eberswalder Wurstwaren (Berlin/Brandenburg) und hebelte umgehend die Arbeitsrechte der 550 Beschäftigten aus. Der Konzern nutzt die Krise, um seine Marktmacht in der Branche kontinuierlich auszuweiten.
Die Schweinefleischindustrie steht unter Druck. Aufgrund des sinkenden Schweinefleischkonsums und Rückgängen des Exportgeschäfts geraten nicht nur Mast- und Zuchtbetriebe sondern auch Fleischproduzenten zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Deutschlands größter Fleischkonzern nutzt die Situation, um Konkurrenzbetriebe aufzukaufen und seine Marktmacht weiter auszubauen.
Im April kündigte die zum Tönnies-Konzern gehörende Zur-Mühle-Gruppe an, die Eberswalder Wurst GmbH zu übernehmen. Das finanziell angeschlagene Unternehmen ist größter Fleischwarenhersteller Brandenburgs mit einem Umsatz von 120 Mio. Euro pro Jahr. Mehr als 300 Millionen Würstchen werden im Werk in der Nähe von Eberswalde jährlich produziert. Bei etwa der Hälfte der rund 550 Beschäftigten handelt es sich um prekär beschäftige Saisonarbeiter:innen.
Die Gewerkschaft NGG kritisierte die Übernahme: Tönnies sei dafür bekannt, Tarifverträge auszuhebeln und Betriebsräte zu verhindern, so NGG-Sprecher Uwe Ledwig im RBB. Tatsächlich hat Tönnies den Betrieb mit der Übernahme in eine neue Gesellschaft überführt. Der Fleischkonzern nutzt damit rechtliche Möglichkeiten gnadenlos aus, um Beschäftigten den Anspruch auf Sozialpläne bei betriebsbedingten Veränderungen wie z.B. Personalabbau zu verwehren. Vier Jahre lang können Arbeiter:innen ohne Abfindungen entlassen werden, angesichts der gegenwärtigen ökonomischen Lage der Fleischwirtschaft ein mehr als wahrscheinliches Szenario.
Es besteht kein Zweifel: Auch am Standort Eberswalde setzt Tönnies auf seine Strategie prekäre und ausbeuterische Beschäftigungsverhältnisse und ein gewerkschaftsfeindliches Arbeitsregime durchzusetzen. Statt weiterer Expansion und immer stärker werdender Marktmacht fordern wir die Zerschlagung, Enteignung und Vergesellschaftung des Tönnies-Konzerns und die Umstellung auf eine ökologische, soziale und pflanzenbasierte Produktion. Und zwar sofort!
Allen Lippenbekenntnissen zum Trotz: Eine neue Recherche zeigt, Tönnies und gut ein Dutzend weiterer deutscher Unternehmen beziehen tonnenweise Fleisch von Rinderfarmen, die auf illegal gerodeten Regenwaldflächen errichtet werden. Spiegel Online berichtet in einer ausführlichen Reportage.
Demnach wurden allein 2022 insgesamt 190 Tonnen Rindfleisch aus Abholzungsgebieten nach Hamburg geliefert, um über den Tönnies Konzern in Supermarktketten wie Aldi und Lidl vertrieben oder weiter exportiert zu werden. Zudem wurden weitere 470 Tonnen in diesem Jahr nach Italien verschifft, um ein dortiges Tönnies-Werk zu beliefern. Sprecher des größten deutschen Fleischkonzerns streiten die Lieferungen nicht ab, sprechen aber von „Einzelfällen“.
Die Spiegelreportage beruft sich auf eine Studie des Dom and Bruno Projects, einem internationalen Recherchenetzwerk, das nach den am 5. Juni 2022 ermordeten Investigativ-Journalisten Bruno Pereira und Dom Philipps benannt ist. Die Studie zeigt, wie Rindfleisch aus illegal errichteten Rinderfarmen auf den europäischen Markt gelangt. Fleisch aus Farmen, die wegen illegaler Abholzungspraxis sanktioniert wurden, wird über zertifizierte Farmen und Schlachthöfe „reingewaschen“ und ins europäische Ausland exportiert.
Die Abholzung von Regenwäldern für die Errichtung von Rinderfarmen und den Futtermittelanbau steht bereits seit Jahren aufgrund der Vertreibung der indigenen Bevölkerungen und den klimaschädlichen Auswirkungen der Rodungen und der Rinderhaltung in der Kritik.
Die Fleischkonzerne tragen damit eine direkte Verantwortung für diese ausbeuterischen Verhältnisse und die immense Naturzerstörung in Brasilien.