Welche Maßnahmen Staat und Fleischindustrie gegen Corona-Ausbrüche unternehmen

Angesichts der nicht aufhörenden Serie an Corona-Ausbrüchen in Schlachthöfen und dem massiven Ausbruch bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück mit inzwischen über 1.500 infizierten Arbeiter*innen sind Maßnahmen zur Begrenzung der Verbreitung des Virus dringend erforderlich.

Klar ist: die effektivste Maßnahme ist die Schließung der Schlachthöfe, wie es auch aktuell unter anderem mit dem Tönnies-Schlachthof in Rheda-Wiedenbrück erfolgt. Denn sowohl die Arbeitsbedingungen in den Betrieben als auch die Unterbringung der Arbeiter*innen sind so unzureichend, dass die nötigen Abstands- und Hygienevorgaben nicht umsetzbar sind.

Jedoch werden längst nicht alle Schlachthöfe mit Corona-Fällen geschlossen und für die restlichen werden Wiedereröffnungspläne erarbeitet. Wie sehen die Maßnahmen von Industrie und Staat aus?

Arbeitsrechtsreformen

Große Aufmerksamkeit erhält das angekündigte Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft unter anderem mit einem Verbot von Werkverträgen. Ob und wenn ja wie diese Maßnahmen überhaupt umgesetzt werden, wird sich zeigen. Eins ist klar: die Maßnahmen sollen erst ab kommendem Jahr greifen. Angesichts des jetzt grassierenden Corona-Virus braucht es allerdings sofortige Maßnahmen.

Corona-Tests

In Nordrhein-Westfalen, einem Zentrum der deutschen Tierindustrie und mit Tönnies auch ein Zentrum der Corona-Ausbrüche, müssen Schlacht- und Zerlegebetriebe mit mehr als 100 Arbeiter*innen mindestens zweimal je Woche die komplette Belegeschaft testen. Laut Verband der Fleischwirtschaft bedeutet dies für die Fleischunternehmen monatliche Kosten pro Arbeiter*in von bis zu 320 € – angesichts der extrem niedrigen Personalkosten aufgrund der massiven Ausbeutung der Arbeiter*innen deutliche Mehrkosten.

In anderen Bundesländern gilt bislang keine regelmäßige, verpflichtende Testung aller Arbeiter*innen. So werden in Bayern in ausgewählten Fleischbetrieben massenhaft Tests durchgeführt, in Schleswig-Holstein müssen in bestimmten Betrieben neu ankommende Arbeiter*innen getestet werden, und Sachsen-Anhalt wiederum setzt auf freiwillige Tests.

Belüftung

Darüber hinaus prüfen einige Betriebe Nachrüstungen von Filtern bei der Belüftung, die zu einer verminderten Verbreitung des Virus beitragen sollen. Inwiefern das tatsächlich eine Rolle spielt, ist allerdings bislang nicht gesichert.

Es braucht eine Schließung der Schlachthöfe!

All diese Maßnahmen, die die Tierindustrie und der ihr seit jeher eng verbundene Staat nun auf den Weg bringen oder zumindest verkünden, greifen jedoch massiv zu kurz und gehen am eigentlichen Problem vorbei: der enormen Ausbeutung von Menschen, Tieren und der Umwelt, die die Grundlagen der Tierindustrie bildet und auch maßgeblich für die Corona-Ausbrüche verantwortlich ist.

Angesichts der anhaltenden Corona-Ausbrüche muss der Einstieg in eine umfassende Agrarwende in Angriff genommen werden. Eine Agrarwernde hin zu einer solidarischen und ökologischen Produktionsweise, die nicht auf Kosten anderer fühlender Individuen erfolgt und nicht am Gewinn orientiert ist! Dabei müssen natürlich die Arbeiter*innen und die Landwirt*innen miteinbezogen werden und gemeinsam Organisationskonzepte erarbeitet werden, um gute und faire Arbeitsplätze für alle zu gewährleisten und Ernährungssouveränität zu erreichen.

Weitere Informationen:

01.07.2020, Fleischwirtschaft.de: Corona-Tests: Keine einheitliche Linie

03.07.2020, Fleischwirtschaft.de: Coronatests: Hohe Kosten belasten die Branche